Kennst du das Gefühl, dich einmal im Monat am liebsten in eine einsame Hütte einschließen zu wollen? Und jedem am liebsten an die Gurgel zu gehen, der es wagt, dich anzusprechen? Als Mensch mit Menstruationszyklus ist das völlig normal.
Doch nicht nur deine Stimmung, auch deine Energie und Leistungsfähigkeit verändert sich im Laufe deines Zyklus. Diese natürlichen Schwankungen kannst du im Training nutzen und in deinen Trainingsplan einbauen und sozusagen im Einklang mit deinem Zyklus trainieren. Was du dabei beachten solltest, was die Wissenschaft dazu sagt und ob zyklusbasiertes Training für dich geeignet ist, erfährst du hier:
Die individuellen Phasen deines Menstruationszyklus verstehen
Um effektiv zyklusbasiert zu trainieren, ist es wichtig, die drei bzw. vier Phasen des Menstruationszyklus zu kennen. Ein Zyklus dauert meistens zwischen 25-35 Tagen, kann individuell aber sehr unterschiedlich sein und lässt sich in folgende Phasen einteilen:
• Menstruation & Follikelphase
• Ovulation
• Lutealphase
Follikelphase
Die Follikelphase startet mit deiner Periode und dauert zwischen 10 und 27 Tagen, im Mittel 13 Tage. In dieser Phase sind deine Hormonlevel besonders niedrig. Deine Energielevel sind mit großer Wahrscheinlichkeit sehr hoch und du fühlst dich fit.
Ovulation
Etwa 14 Tage nach Start deiner Periode beginnt dein Eisprung. Die Hormone springen nach oben, was du eventuell auch in deinem Verhalten und Energie bemerkst.
Lutealphase
In den nächsten 10-16 Tagen bleiben deine Hormonlevel hoch und du hast mit Stimmungsschwankungen, PMS und weniger Lust auf Sport und Bewegung zu kämpfen.
Deinen Zyklus tracken
Um dich und deinen Zyklus besser kennenzulernen, macht es Sinn, deinen Zyklus zu tracken. Das kannst du ganz einfach mit Stift und Papier bzw. deinem Kalender machen. Oder alternativ auch mit verschiedenen Apps auf deinem Handy. Bedenke hier aber immer, mit wem du sehr persönliche Daten teilst. Schau dir daher am besten genau an, wer hinter einer Zyklus-App steckt und an der App oder an deinen Daten Geld verdient.
Ich selbst benutze FitR Women. Neben der Möglichkeit, meinen Zyklus aufzuzeichnen gibt es in der App auch Tipps zu deinen Workouts & Ernährung. Einziger Nachteil der App: es gibt keinen Offline-Modus und die App funktioniert leider gar nicht ohne Netz. Also nur bedingt zu empfehlen, wenn du häufiger mal unterwegs bist, zum Beispiel auf mehrtägigen Wanderungen in den Bergen.
Falls du deinen Zyklus mit Stift und Papier tracken möchtest, gibt es hier eine Vorlage zum Ausdrucken:
Wie kann ein zyklusbasierter Trainingsplan aussehen?
Leider sind viele Studien in den Sportwissenschaften (ähnlich wie in der Medizin) hauptsächlich an Männern durchgeführt worden. Und Untersuchungen, die sich speziell mit dem Zyklus und sportlicher Leistungsfähigkeit beschäftigen, kommen zu teilweise gegensätzlichen Ergebnissen.
Doch einige Zusammenhänge lassen sich dennoch festhalten, aus denen sich Tipps für das zyklusbasierte Training ergeben:
Krafttraining
Falls du dich direkt nach deiner Periode in der Follikelphase besonders stark fühlst: plane deine High-Intensity Workouts und Maximalkrafteinheiten für diese Phase ein. In der Zeit ähnelt der weibliche Körper am ehesten dem männlichen Körper und es ist einfacher, Muskeln aufzubauen. Auch die Regenerationsfähigkeit ist durchschnittlich etwas kürzer in dieser Zeit.

Erholungswoche
Die Tage vor und während deiner Periode kannst du als Erholungsphase bzw. -woche nutzen, falls du dich in der Zeit eher müde und schlapp fühlst. Aus trainingswissenschaftlicher Perspektive macht es Sinn, alle paar Wochen eine Zeitspanne mit weniger Umfängen einzuplanen.

Eisprung und Sport
Kurz nach deinem Eisprung hast du eine höhere Körpertemperatur. Sport in warmen Umgebungen, zum Beispiel im Hochsommer, kann für dich daher unangenehm sein. Nutze daher die kälteren Morgen- oder Abendstunden oder mach an diesen Tagen zum Beispiel Wassersport.

Schmerzen und Spannungen
In der Lutealphase, aber auch während deiner Periode quälen dich eventuell Unterleibs- und Rückenschmerzen oder Spannungen in den Brüsten. Lasse daher bestimmte Übungen (zum Beispiel alle, bei denen du auf dem Bauch liegst oder schwere Gewichte stemmst) in dieser Zeit aus. In dieser Phase kannst du dich eher auf Recovery-Einheiten fokussieren, also entspanntes Ausdauertraining oder Yogaeinheiten einplanen. Generell kann Bewegung aber helfen, die Symptome zu reduzieren.

PMS & Sport
Falls du einmal im Monat besonders gestresst oder genervt bist: versuche herauszufinden, wann dieser Tage bzw. diese Tage sind. Und plane für diesen Zeitraum Sport ein, der dir besonders viel Spaß macht und vielleicht auch lustig ist wie bestimmte Sportspielarten. Oder probiere Sportarten wie Boxen oder Kickboxen aus. Wenn du dich in der Zeit eher zurückziehen und für dich sein möchtest, kannst du auch Solo-Wanderungen oder längere Läufe einplanen.

Generell solltest du dich aber nicht verrückt machen lassen. Der Zyklus und die einzelnen Phasen sind nicht nur individuell sehr unterschiedlich, sondern können auch zwischen deinen Zyklen variieren und verändern sich mit dem Alter. Häufig spielen auch andere Faktoren wie deine Ernährung, Stress und guter bzw. schlechter Schlaf eine Rolle.
Auch die Wissenschaft kann, wenn überhaupt, minimale Zusammenhänge zwischen Zyklus und sportlicher Leistungsfähigkeit herstellen, die für alle Menschen mit Zyklus gelten. Individuelle Unterschiede wie die Gene, Alter, Trainingsstand etc. spielen meist eine wichtigere Rolle als die Zyklusphase . Populärwissenschaftliche Bücher oder Produkte, die mit Erfolgen durch zyklusbasiertes Training werben, würde ich immer eher etwas kritisch sehen und hinterfragen.

Mehr Wissen zum Thema Training gibts im
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Fazit: Zyklusbasiertes Training
Zyklusbasiertes Training ist eine Möglichkeit, um dich und deinen Körper noch besser kennenzulernen und deine Gesundheit langfristig zu fördern. Ich spüre zum Beispiel meistens direkt am 2. Tag meiner Periode, wie meine Power zurückkommt und ich direkt wieder Lust auf mehr Sport habe. Während der Lutealphase dagegen muss ich mich für jede Einheit extrem Aufraffen und mich mit einem Saunabesuch oder extra Schokolade belohnen. Dafür tut es mir vor allem in dieser Phase gut, Wanderungen oder Spaziergänge in der Natur nur mit mir allein zu machen.
Generell kann es nie schaden, sich mit dem eigenen Körper und Zyklus auseinanderzusetzen. Ob du das auch in dein Training mit einbauen möchtest, musst du für dich entscheiden, da dein Zyklus und die einhergehenden Symptome sehr individuell sind. Um deinen Zyklus zu tracken, gibt es hier eine pdf-Vorlage zum Ausdrucken:
2 Studien zum Thema zyklusbasiertes Training, die ich empfehlen kann:
Vogel K, Larsen B, McLellan C, Bird SP.: Female Athletes and the Menstrual Cycle in Team Sports: Current State of Play and Considerations for Future Research. Sports (Basel). 2023. Zuletzt aufgerufen am 26.09.2024
Symul L, Wac K, Hillard P, Salathé M. Assessment of menstrual health status and evolution through mobile apps for fertility awareness. NPJ Digit Med. 2019, zuletzt aufgerufen am 26.09.2024
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