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Nach meinem Pausen- und vor allem Esstag in Lescune geht es gestärkt weiter auf dem HRP. Schon am Morgen verziehen sich die Wolken und ich hab einen Ausblick auf die Berge um Lescune, die auch als Dolomiten der Pyrenäen bekannt sind. Gegen 11 mache ich mich dann endlich auf den Weg und gehe es bewusst langsamer an.
Refuge d‘Arlet
Auf dem Weg zu meinem heutigen Ziel, der Hütte „Refuge d‘Arlet“, mache ich im Gegensatz zu den vorherigen Tagen viele Pausen und sketche unterwegs sogar am Pass „Col de Pau“. So früh wie heute bin ich bisher noch nie angekommen und genieße daher erstmal ein gemütliches Bad im See neben der Hütte. Eliot und seine Wandergruppe, die mittlerweile ziemlich angewachsen ist, treffe ich abends auch wieder. Neben der Hütte ist das biwakieren erlaubt und wir sind nicht die einzigen. Bestimmt 20 andere Camper schlagen ihr Zelt neben dem Refuge d‘Arlet auf, darunter auch Familien mit Kindern.
Ein Wiedersehen mit meinen holländischen Freunden in Candachu
Am nächsten Morgen werde ich von der Sonne geweckt – ich hab mein Zelt genau richtig aufgestellt, um die Morgensonne abzubekommen. Lange halte ich es nicht mehr im Zelt aus, denn schon am frühen Morgen ist die Sonne ziemlich stark. Auf meiner Wanderung nutze ich daher jede Gelegenheit, ins Wasser zu hüpfen und eine Pause einzulegen.
Kurz vor dem Skiort Candachu muss ich nochmal einige Höhenmeter nach oben steigen. Dort wartet eine ehemalige Grenzstation auf mich. Und ich bin mal wieder dankbar, in der heutigen Zeit reisen zu können. Noch kein einziges Mal wurde ich bisher nach meinem Ausweis gefragt und hab die Grenze zwischen Spanien und Frankreich die letzten Tage einige Male überquert. Ich steige die paar Höhenmeter nach Candachu ab, um dort eine späte Siesta einzulegen. Auf einmal ruft jemand meinen Namen – und ich sehe Marian und Agnes plus ihre Kinder auf dem Parkplatz des Hotels Edelweiß. Was für eine Zufall, meine holländischen Freunde hier wiederzutreffen. Wir machen es uns auf der Terrasse des Hotels bequem, trinken Kaffee und quatschen. Die beiden haben tatsächlich eine alte Karte dabei, auf der sie ihre Biwakplätze auf dem GR10, den sie vor 25 Jahren absolviert haben, markiert haben.
Biwak am Trampolingéles
Gegen Abend mache ich mich dann wieder auf den Weg, denn ich möchte nicht in Candachu übernachten, sondern an einem See ein bisschen oberhalb des Skiorts. In der Abendsonne (es ist immer noch ziemlich heiß) mache ich mich daher an die letzten Höhenmeter des Tages. Durch etwas Nebel gelange ich ohne Probleme zum Ibon de Escalar, dem See, an dem ich eigentlich übernachten möchte. Eigentlich. Denn oben angekommen wartet eine Gruppe Jugendliche, die dort bereits ihre Zelte aufgeschlagen haben. Nach einer kurzen Pause wandere ich daher noch ein Stück weiter. Auf der Karte hab ich den Gipfel mit dem witzigen Namen „Trampolingéles“ entdeckt, der nur ein paar Höhenmeter vom eigentlichen Weg entfernt ist. Durch den Nebel schleppe ich mich also noch weiter und werde mit einem sensationellen Ausblick belohnt. Ich bin über dem Wolkenmeer mit Blick auf einen der prägnantesten Gipfel der Pyrenäen, dem Pic du Midi d‘Ossau. Ich kann mein Glück kaum fassen und freue mich einfach nur, diesen Abend hier oben genießen zu dürfen. Kurz überlege ich, ob ich mein Zelt am Gipfel aufstelle. Allerdings hab ich immer ein wenig Respekt vor den Winden und der Ausgesetztheit auf Gipfeln und steige daher ein Stück ab, um in einer kleinen Mulde zu übernachten.
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Einem Pferd hab ich wohl den Schlafplatz geklaut, denn es ist sehr interessiert an meinem Zelt und Abendessen. Irgendwann verzieht es sich aber zum Glück. So wirklich gut schlafen kann ich trotzdem nicht. Die Nacht ist aber eh kurz, da ich mir den Sonnenaufgang am Gipfel gönnen möchte. Da ich keine Ahnung habe, wann der aktuell ist, stelle ich meinen Wecker viel zu früh und schäl mich gegen 6 aus dem Zelt. Auf dem Gipfel weiß ich gar nicht, welchen Ausblick ich schöner finde.
Auf und Ab zur Hütte Refuge de Pombie
Da ich leider nicht mehr viel Wasser habe, gib es zum Sonnenaufgang keinen Kaffee. Dementsprechend grantig mache ich mich an den Abstieg zum Ibon de Casterau, einem weiteren See. Dort gelange ich mal wieder in eine Herde Schafe. Meine Laune wird leider auch mit dem Kaffee nicht besser und ich fühle mich auch nicht sonderlich motiviert für die heutige Wanderung. Ich schiebe es auf den wenigen Schlaf letzte Nacht.
Die Wanderung heute ist sehr abwechslungsreich und ich merke, dass ich in den High Pyrenees bin. Da es mal wieder sehr heiß ist, hüpfe ich in alle Seen, an denen ich unterwegs vorbeikomme. Zudem sehe ich einige Murmeltiere, die aber natürlich vor mir abhauen. Der letzte Pass führt über ein Geröllfeld mit großen Steinen – was für ein Spaß. Ich genieße die anspruchsvolle Passage, bin aber auch froh, als ich oben ankomme und die Hütte sowie einige Bergseen erspähen kann.
Gegen Nachmittag (so früh hab ich mein Tagesziel noch nie erreicht) komme ich am Refuge de Pombie an. Ich gönne mir einen Kaffee und Kuchen und sitze in der Hütte, da es sonst fast nur Sonnenplätze gibt und es mir immer noch zu heiß ist. Abends treffe ich dann Eliot und seine Gang (die ich kurzerhand die Tabak-Trekker nenne, da ausnahmslos alle rauchen Schlote) und meine holländischen Freunde wieder.
Abstieg nach Artouste und Pause in Pau
Am nächsten Morgen muss ich mir eingestehen, was ich bisher versucht habe, zu verdrängen: eine Erkältung. Schon seit einigen Tage merke ich, dass ich nicht ganz fit bin. Doch an diesem Morgen ist die Energie noch weniger, obwohl ich gut und lang geschlafen hab. Mit Tränen in den Augen mache ich mich daher an den Abstieg, der zu einer Straße führt, an der wohl auch ein Bus hält. Den Nachmittag verbringe ich im Skiort Artouste, bevor ich mit dem Bus nach Pau fahre. Dort hab ich mir für 3 Tage ein Airbnb gebucht, in dem ich hoffentlich schnell wieder gesund werde.
So schnell geht das aber natürlich nicht, daher bin ich froh, dass Marie mich zu sich einlädt. Eine Mitfahrgelegenheit und Busfahrt später bin ich bei ihr in Loudenvielle angekommen. Auch wenn sie arbeiten muss, verbringen wir die restliche Zeit zusammen. In dem kleinen Urlaubsort fühle auch ich mich wie im Urlaub – das erste Mal seit einer ziemlich langen Zeit. Ich schlafe, lese und male und mach mir keinen Stress, wann und ob ich die Wanderung fortsetze.
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Etappe 3 auf dem HRP: Von Loudenvielle nach Benasque
HRP Etappe 2: von Lescune nach Artouste
Etappe 2 auf dem HRP, der Haute Route Pyrenees mit Start in Lescune
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