Eine Alpenüberquerung stand schon lange auf meiner Liste. Dass es dann ausgerechnet im Corona Sommer 2020 klappt und ich noch dazu allein starte, war so eigentlich nicht geplant.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich im Frühsommer 2020 in meiner Münchner Wohnung saß und mal wieder einen Rother Wanderführer in den Händen hielt. „Alpenüberquerung Berchtesgaden – Lienz“ stand da drauf. Nachdem ich einen Nachmittag mit Studium des Wanderführers und Aufmalen der Karte und Etappen verbracht habe, stand meine Entscheidung eigentlich schon fest. Ich mache eine Alpenüberquerung. Als ich ein paar Tage später fast alle Hütten reserviert hatte, konnte ich es trotzdem noch nicht ganz glauben. Ich mache wirklich eine Alpenüberquerung? Allein?
Over the hills and far away
Einige Wochen später geht es Anfang August 2020 endlich los. Ein bisschen gebangt habe ich damals, ob nicht doch kurzfristig wieder andere Corona-Maßnahmen gelten und meine Hüttenreservierungen abgesagt werden. Doch ich habe Glück. Außer einem nervigen Taxifahrer, der mir nicht glaub, dass sich allein und vor allem ohne Mann in die Berge gehe („Was machst du denn da? Da verläufst du dich doch nur!“) steht meinem Start nichts mehr im Weg.
Meine erste Etappe beginnt mit einer entspannten Bootsfahrt von Berchtesgaden nach St. Bartholomä. Von hier geht es über die Saugasse zum Kärlingerhaus. Da für den Nachmittag Regen angesagt ist, sprinte ich die ersten Höhenmeter meiner Alpenüberquerung los. Glauben kann ich es immer noch nicht und die Freude, endlich unterwegs zu sein, ist riesig. Kurz vor dem Regen komme ich am Kärlingerhaus an und stelle erstmal meinen Rucksack ab. Doch so richtig ausgelastet bin ich nicht und mache daher noch eine kleine Wanderung auf den Viehkogel und hüpfe im Regen in den Funtensee – angeblich der kälteste See Deutschlands.
Am nächsten Morgen regnet es immer noch, ich lasse es daher langsam angehen und verlasse die Hütte als Letzte. Durchs steinerne Meer wandere ich zum Riemannhaus und irgendwie passt der Regen und die trübe Stimmung zu der kargen Landschaft.
An das Riemannhaus habe ich gute Erinnerungen – hier habe ich mit Juli und Marie meine erste Hüttentour gemacht. Damals war das Wetter deutlich besser. Meinen Gipfelversuch lasse ich daher sein und entspanne lieber in der Hütte.
Fool in the Rain
Es regnet immer noch und so mache ich mich im Regen auf und steige nach Maria Alm ab. Der Weg ist ziemlich steil und teilweise mit Seilen versehen, daher bin ich extra vorsichtig. Sobald ich wieder Netz habe, informiere ich mich nach einem Spa in der Umgebung. Denn der Regen wird nicht weniger. Leider finde ich schnell heraus, dass das nächstgelegene Spa knapp 50km entfernt in Zell am See ist und es keine Busverbindung gibt. Dafür nutze ich die Zeit in Maria Alm und kaufe mir eine Regenhose. Spoiler Alert: diese werde ich die restliche Zeit völlig umsonst rumschleppen.
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Misty Mountain Hop
Im Nebel aber immerhin ohne Regen mache ich mich auf den Weg zu meinem nächsten Ziel. Über die Schwalbenwand geht es zum Statzerhaus und ich spüre zum ersten Mal dieses Freiheitsgefühl. Wie cool ist es bitte, nur mit Rucksack unterwegs zu sein und alle Entscheidungen allein treffen zu können?
Am Abend in der Hütte treffe ich dann endlich 2 andere Solo-Abenteurer – bisher habe ich fast ausschließlich Gruppen in den Hütten gesehen. Der Salzburger und der Sachse sind auf der Alpenüberquerung Salzburg – Triest unterwegs und vor allem der Sachse labert ohne Punkt und Komma. Ich bin froh, dass ich nicht mit den beiden im Zimmer schlafe, sondern sogar in den Genuss eines Einzelzimmers komme.
Vorher reisst aber endlich die Wolkendecke auf und ich sehe, wo es in den nächsten Tagen hingeht: durch die hohen Tauern.So lang wie möglich genieße ich den Ausblick am nächsten Morgen, bevor ich ins Tal nach Bruck absteige. Endlich sehe ich nicht nur Wolken und Steine, sondern auch Berggipfel. Von Bruck nehme ich den Bus nach Ferleiten, um einem eher langweiligen Hatsch (hochdeutsch: Marsch) an der Großglocknerstraße zu entgehen.
Unterwegs genehmige ich mir noch ein Stück Kuchen und telefoniere mit einer Freundin, bevor mein „Digital Detox“ weitergeht. Schon während meiner Kuchenpause sehe ich in der Ferne die Pfandlscharte, die mit knapp 3.000m den höchsten Punkt meiner Alpenüberquerung ausmacht.
Zum zweiten Teil meines Erfahrungsberichts
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