Was mache ich eigentlich, wenn ich mehr als einen Tag wandere? Ich persönlich spreche meistens einfach von einer Mehrtageswanderung oder vom jeweiligen Namen, aber es gibt noch weitere Begriffe wie Weitwandern, Fernwandern, Hüttenwandern, Trekking, Pilgern und Thru-Hiking. Hier gibt es meine persönliche Zusammenfassung der unterschiedlichen Begriffe:
Weitwandern & Fernwandern
Mit Weit- und Fernwanderungen sind Touren gemeint, bei denen du mehrere Tage am Stück unterwegs bist. Laut einigen Quellen unterscheiden sich Weit- und Fernwanderungen danach, ob man zum gleichen Ausgangspunkt zurückkehrt oder nicht. Andere nehmen die gewanderten Kilometer als Unterscheidungsmerkmal und auf wieder anderen Portalen sind Weitwanderungen national, während Fernwanderungen international sind, du also mindestens in zwei Ländern wanderst. Meistens bist du auf ausgeschilderten Wegen und nicht zu weit von der Zivilisation entfernt unterwegs und kannst daher auch in Herbergen, Airbnbs oder Hotels übernachten.
Hüttenwandern
Vor allem in den Alpen, aber auch in anderen Bergregionen wie den Pyrenäen gibt es zahlreiche Berghütten, in denen du teilweise auch übernachten kannst. Das Hüttenwandern ist daher in den letzten Jahren immer beliebter geworden – so beliebt, dass Hütten immer vorab reserviert werden sollten. Die meisten Alpenüberquerungen lassen sich als Hüttenwanderungen planen. Tagsüber geht es durch oder auf die Berge und abends dann eher rustikal zu – im Matratzenlager mit bis zu 20 anderen Menschen und teilweise ohne Dusche. Erwarte daher keinen Luxus auf Berghütten und hab immer genügend Bargeld dabei. Eine kleine Hüttenknigge gibt es übrigens auf Christina Ragettlis Blog Mountain at Heart – mit ganz viel Schweizer Charme geschrieben 😉
Pilgern
Beim Pilgern steht vor allem der spirituelle oder religiöse Aspekt im Mittelpunkt. Häufig gibt es sogenannte Pilgerherbergen, in denen die Pilgerinnen übernachten und dadurch nur einen kleinen Rucksack und wenig Gepäck mitnehmen müssen. Bekannt sind in Europa vor allem die Caminos de Santiago. Ich selbst hebe mir das Pilgern fürs Alter auf, solange meine Beine noch mitmachen, bin ich dann doch lieber in weniger besiedelten Gebieten und in den Bergen unterwegs. Der spirituelle Teil stellt sich bei mir dann meistens von selbst ein, wenn ich lange genug in der Natur und mit mir selbst unterwegs bin.
Trekking
Womit ich beim nächsten Begriff wäre, dem Trekking. Beim Trekking stehen die Natur und Wildnis im Mittelpunkt und wo es erlaubt ist, wird im Zelt oder der Hängematte übernachtet oder sogar biwakiert. Die skandinavischen Länder sind in Europa beliebte Ziele für das Trekking, aber auch in Deutschland gibt es mehr und mehr Trekkingplätze. Häufig findet das Trekking fernab der Zivilisation statt, daher ist eine entsprechende Vorbereitung, Ausrüstung, Planung und Erfahrung notwendig.
Thru-Hiking
Der Begriff Thru-Hiking kommt aus den USA und bedeutet soviel wie Durchwandern. Häufig spielt hier der Leistungsgedanke eine große Rolle und eine Wanderung, wie beispielsweise der bekannte, über 4.000km lange PCT (Pacific Crest Trail), der von der mexikanischen zur kanadischen Grenze führt, „muss“ in einer Wandersaison durchwandert werden, um als Thru-Hike zu gelten. Da ich 2023 einige Monate in Kanada und dem Nordwesten der USA (auch als Pacific Northwest bekannt und ein wahres Outdoor-Paradies), verbracht habe, mussten natürlich einige Tageswanderungen auf dem PCT drinnen sein. Ein bisschen besonders habe ich mich schon gefühlt, als ich auf dem PCT unterwegs war. Der Begriff Thru-Hiking schwappt jetzt immer mehr nach Europa über und auf der Plattform thru-hiking gibt es mehr und mehr europäische Trails.
Fastest Known Time
Für mich eng mit dem Begriff Thru-Hiking verbunden ist eine weitere Abkürzung: FKT, was Fastest Known Time bedeutet. Auf der FKT-Website können sich Thru-Hiker und Trailrunner messen, wer die kürzeste Zeit auf einem Wanderweg wie beispielsweise dem PCT benötigt. Seit 2013 hält Heather Anderson den Rekord auf dem PCT bei den Damen. Für den kompletten PCT von der mexikanischen an die kanadische Grenze hat sie lediglich 60 Tage gebraucht, ist also im Durchschnitt 66km pro Tag (bzw. Nacht) gewandert. Lange hat sie auch den Gesamtrekord gehalten und stand Juni 2024 ist nur ein Mann 5 Tage schneller wie sie auf dem PCT unterwegs gewesen. Alle Rekorde auf dem PCT und die Erklärung der unterschiedlichen Kategorien gibt es hier https://fastestknowntime.com/route/pacific-crest-trail-ca-or-wa
FKT Rekorde sind aktuell ähnlich divers besetzt wie die Chefetagen in deutschen Unternehmen, bei vielen Routen gibt es deutlich weniger oder gar keine weiblichen oder nichtbinären Rekordhalter. Von den über 9.000 registrieren Athletinnen & Athleten auf der Website sind lediglich 27% weiblich und 0,2% non-binary. Woran das liegt, ist eine interessante Frage. Die Community women who ftk bietet Frauen eine Plattform und ermutigt sie, selbst einen FKT Rekord aufzustellen.
Mehr Wissen zum Thema Wandern & Trekking gibts im
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Fazit: Was mach ich eigentlich?
Meine Mehrtageswanderungen sind je nach Wanderung unterschiedlich: in den Alpen bin ich meistens bei Hüttenwanderungen zu finden, nur in den Westalpen in Frankreich und Teilen der Schweiz ist das Übernachten im Zelt offiziell erlaubt. Immer häufiger suche ich meine Reiseziele aber auch nach Trekkingmöglichkeiten aus und war schon in den Pyrenäen, Patagonien (Chile) und Nordamerika unterwegs.
Lange stand der PCT auf meiner Thru-Hike Liste ziemlich weit oben, mittlerweile bin ich mir aber nicht mehr so sicher, ob ich den PCT wirklich irgendwann gehen will: Möchte ich mich wirklich 6 Monate, die es ungefähr braucht, um den PCT am Stück zu absolvieren, nur eingeschränkt ernähren? Wie sehr stresst es mich als eher spontanen Menschen, der Entscheidungen hasst, die komplette Wanderung vorab planen zu müssen und mir Versorgungspakete an verschiedene Poststationen unterwegs zu schicken? Das sind nur zwei Fragen, die mir zum Thema PCT einfallen. Nach 6 Monaten Kanada & USA 2023 habe ich ehrlich gesagt auch erstmal genug von Nordamerika und muss da nicht so bald wieder hin 😉
Weiterlesen:
Du hast Blut geleckt und willst mehr Geschichten zum Thema Weit- und Fernwandern (oder wie auch immer du es nennen möchtest) lesen? Hier sind meine Lieblingsbücher zum Thema Fern- und Weitwandern und Thru-Hiking.
Alpen
Ana Zirner – Alpensolo
Von Ost nach West und das meistens ohne Dach über dem Kopf – das ist Anas Alpensolo. Das Buch war meine größte Inspiration für meine Solo-Alpenüberquerung 2020 (allerdings mit Übernachtung in Hütten) und vielen weitere Abenteuern. Auf der Website von Ana könnt ihr das Buch direkt bestellt und euch sogar eine Widmung holen: Zur Website
Christina Ragettli – Von Wegen
Im Coronasommer 2020 hat sich Christina auf den Weg gemacht und die Alpen auf der Via Alpina durchquert. In ihrem Buch erzählt sie von ihren Abenteuern, bei denen sie mal im Zelt, meistens in Hütten und ab und zu auch mal mit Begleitung unterwegs ist. Zum Blog & Buch
PCT & Weltweit
Thirst – Heather Anderson
Das Buch habe während meiner Alpenüberquerung auf dem e-reader verschlungen – Heather Anderson beschreibt sehr ehrlich ihren Weg zum Thru-Hiking und nimmt die Leserin mit auf ihren unfassbaren Thru-Hike und Fastest Known Time Rekord von 60 Tagen auf dem PCT. Fun Fact: 3 Jahre später finde ich eine Ausgabe des Buchs in einer Bücherbox in Mazama, einem PCT-Versorgungspunkt, die ab sofort einen Ehrenplatz in meinem Bücherregal einnimmt. Zum Blog von Heather
Solo – Jenny Though
Gebirgsdurchquerungen auf allen 5 Kontinenten – allein. Anders als viele andere Autorinnen macht sich Jenny Though nicht auf den Weg, um eine Scheidung oder ähnliches zu überwinden, sondern aus purer Abenteuerlust. Als erster Mensch durchquert sie Gebirge in Kirgisien, Neuseeland, Kolumbien, Kanakda, Marokko und Rumänien. Vor allem ihre Wanderung in Marokko, bei dem sie teilweise tagelang ungewollt von einem Männermob begleitet wird, sind spannend, regen aber auch zum Nachdenken an. Zum Buch
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