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Rucking für Einsteigerinnen: Training mit deinem Rucksack

Eher zufällig bin ich während der Lektüre des Bestsellers „Longevity“ von Peter Attia auf den Begriff Rucking gestoßen. Der Autor geht selbst regelmäßig mit Gewichtsrucksack spazieren, um fit zu bleiben. Und da ich eigentlich jeden Urlaub mit Fernwandern verbringe, habe ich mich näher mit dem Begriff Rucking auseinandergesetzt.

Meine Rucking Tipps:

  • Mit wenig Gewicht und einfachen, kurzen Strecken starten und dich langsam steigern
  • Auf den richtigen Rucksack mit Hüftgurt achten
  • Mit 1 Einheit pro Woche beginnen – Rucking kannst du auch ideal in deinen Alltag integrieren
  • Optimale Vorbereitung für Mehrtageswanderungen bzw. wenn du mit schwerem Gepäck unterwegs bist
  • Für Alle geeignet, prüfe vorab, mit wie viel Gewicht du trainieren kannst.

Was ist Rucking eigentlich?

Der Begriff Rucking kommt aus dem Militär. Soldatinnen und Soldaten sollen durch lange Märsche mit großen und schweren Rucksäcken körperlich und mental fit gemacht werden für ihre Einsätze. Seit einiger Zeit kursiert der Begriff in der westlichen Welt als neue Trendmethode, um Gewicht zu verlieren und fit zu werden.

Meiner Meinung nach geht das „Rucking“ aber noch viel weiter in die Menschheitsgeschichte zurück. Als Menschen als Nomadinnen bzw. Jägerinnen und Sammlerinnen gelebt haben, musste die erlegte Beute häufig viele Kilometer weit transportiert werden. Und auch Kleinkinder wurden und werden häufig auf dem Rücken von A nach B gebracht. Der menschliche Körper und unser aufrechter Gang ist daher eigentlich perfekt für das Rucking geeignet.

Vermutlich hast du also auch schon einmal Rucking betrieben, ohne es so genannt zu haben. Zum Beispiel bei einer Mehrtageswanderung, wenn du im Alltag deinen Laptop und Bücher im Rucksack transportierst oder dein Kind in der Kraxe oder einem Tuch trägst.

Rucking als Trainingsmethode macht vor allem Sinn, wenn du eine längere Wanderung geplant hast und mit großem Rucksack unterwegs sein willst. Aber auch für die Steigerung deiner allgemeine Ausdauerleistung kann Rucking eingesetzt werden.

Rucking & der weibliche Körper

Leider gibt es bisher keine oder kaum Studien, die sich mit dem Thema Rucking und dem weiblichen Körper beschäftigen. Vorhandene Studien beziehen sich auf Soldaten oder auf Männer um die 20 und sind daher nur bedingt aussagekräftig für Frauen, die gern mit schwerem Rucksack unterwegs sind. Die vorhandenen Studien zeigen allerdings, dass sich Rucking unter anderem positiv auf die Ausdauerleistung auswirkt.

Das kann ich aus eigener Erfahrung nur bestätigen. Jahrelang habe ich nach Standard-Trainingsplänen für eine Halbmarathon-Zeit unter 2 Stunden trainiert und es nie geschafft. 2020 bin ich dann beim Schlierseelauf ohne gezielte Vorbereitung in 1:51 ins Ziel gelaufen und habe es selbst kaum geglaubt. In den Wochen vorher habe ich eine Alpenüberquerung sowie eine mehrtätige Hüttenwanderung in den Alpen gemacht mit ca. 10-12kg auf meinem Rücken. Neben dem Rucking hat hier sicherlich auch die Höhe eine Rolle für die Leistungssteigerung gespielt.

Andere Studien zeigen, wie wichtig Krafttraining für Frauen ist, um dem altersbedingten Muskel- und Knochenabbau entgegenzuwirken. Dafür kann Rucking als eine Trainingsform eingesetzt werden.

Meine Tipps zum Rucking als Trainingsmethode:

Da ich unbewusst seit Jahren Rucking betreibe, gibt es hier einige Antworten zum Thema:

Mit wie viel Gewicht sollte ich starten?

Am besten startest du mit 5-10kg bzw. ca. 10% deines Körpergewichts. Nach und nach kannst du dich steigern bis ca. 30% deines Körpergewichts. Achte hier darauf, nicht zu viele Variablen auf einmal zu verändern. Neben dem Gewicht sind das auch die Dauer des Workouts und das Gelände, in dem du unterwegs bist.

Statt dir extra Gewichte zu kaufen, kannst du auch vorhandene Gegenstände nutzen:

  • Bücher – vor allem alte Lexika oder Wörterbücher freuen sich, mal wieder benutzt zu werden
  • Wasserflaschen
  • Trinkblasen oder Flasks (für das Trailrunning optimierte Flaschen)
  • Einkäufe, die du im Rucksack und zu Fuß nach Hause transportierst.

Schwere Gegenstände solltest du möglichst nah an deinem Rücken transportieren.

Falls du dich auf eine spezielle (Mehrtages-) Wanderung vorbereitest: pack deinen Rucksack vorab und wiege ihn. An diesem Zielgewicht kannst du dich orientieren und dein Training darauf aufbauen.

Mit welchen Distanzen starte ich?

Das kommt natürlich auf deinen aktuellen Trainingsstand an und wie häufig du zum Beispiel schon mit Rucksack beim Wandern bist. Starte generell eher mit geringen Umfängen von ca. 2-5km. Die Distanz kannst du nach und nach steigern. Beginne außerdem mit möglichst flachen und einfachen Strecken. Höhenmeter und technisch anspruchsvolleres Terrain kannst du nach und nach einbauen.

Wie kann ich Rucking in meinen Trainingsplan integrieren?

Rucking kannst du ideal als Ausdauereinheit in dein Training integrieren. Versuche dabei, nicht zu schnell zu laufen. Falls du eine Pulsuhr hast, versuche, in Zone 2 zu bleiben. Gerade am Anfang heißt das erstmal, Tempo rauszunehmen. Neben der Ausdauer trainierst du mit Rucking auch deine Kraftausdauer und je nach Rucksackgewicht baust du auch Muskeln auf.

Rucking lässt sich zudem super in den Alltag integrieren:

  • Einkäufe zu Fuß und mit Rucksack nach Hause tragen
  • Spaziergang mit Kleinkind in der Kraxe oder im Tuch
  • Mit den Öffis und Laptop im Rucksack in die Arbeit und ein paar Stationen früher/später aussteigen/einsteigen
  • Im Fitnessstudio auf dem Laufband mit Rucksack
  • Auf Spaziergängen oder beim Gassi-gehen einen Rucksack mitnehmen
  • Bei Wanderungen etwas mehr in den Rucksack packen
  • Nimm auf (Dienst-) Reisen einen Rucksack mit und trainiere überall

Welcher Rucksack eignet sich für Rucking?

Meiner Meinung nach einer der wichtigsten Punkte, um Rucking sicher einzusetzen und Verletzungen zu vermeiden: der passende Rucksack.  Bei der Recherche für diesen Blogpost habe ich leider viel zu viel Bilder gesehen, bei denen Personen meiner Meinung nach völlig ungeeignete Rucksäcke tragen oder diese nicht richtig tragen. Daher meine Empfehlung:

  • Verwende einen (Wander-)Rucksack mit gepolstertem Hüftgurt und gepolsterten Schulterträgern. Das meiste Gewicht des Rucksacks sollte auf deiner Hüfte liegen, nicht auf den Schultern.
  • Stell den Hüftgurt richtig ein, bevor du ihn mit Gewichten füllst: Setz den Rucksack auf und stell als erstes den Hüftgurt ein. Dieser sollte auf deinen Hüftknochen sitzen. Ziehe ihn fest, sodass sich alles noch angenehm anfühlt.  Als nächstes stellst du die Schulterträger ein. Du solltest oben etwa einen fingerbreit Abstand zwischen Schulter und Träger haben.
  • Je nach Rucksackmodell kannst du jetzt noch einstellen, wie nah oder weit weg vom Rücken der Rucksack sitzt. Probiere die unterschiedlichen Positionen aus und finde die für dich Passende.
  • Im Fachhandel kannst du dich zum Thema Rucksack richtig einstellen beraten lassen

Meiner Meinung nach -vor allem aus Nachhaltigkeitsgründen – brauchst du keinen speziellen Rucksack für das Rucking, wenn du bereits einen guten Wanderrucksack hast.

Für wen ist Rucking geeignet?

Da du Rucking sehr flexibel gestalten kannst, ist es im Grunde für Alle geeignet. In einigen Fällen solltest du dich vorab mit deiner Ärztin absprechen, ob Rucking für dich geeignet ist:

  • Solltest du künstliche Gelenke (vor allem Knie, Hüfte) klär am besten, mit wie viel Gewicht du trainieren und wann du nach der OP optimalerweise einsteigen kannst
  • Bei Beckenbodenbeschwerden und nach der Geburt – vor allem beim Bergabgehen belastest du mit Zusatzgewichten deinen Beckenboden sehr stark
  • Knie-, Rücken- und Schulterproblemen
  • Bereits bestehender Osteoporose

Falls du nach einer längeren Sportpause mit dem Rucking anfangen möchtest oder Sport für dich komplett neu ist, würde ich dir Folgendes empfehlen: bereite deinen Körper nach und nach für das Rucking vor. Starte mit regelmäßigen Ausdauereinheiten (2-3x pro Woche) ohne extra Gewicht und mache zusätzlich 2-3x pro Woche Kraft- und Stabilitätstraining. Nach ein paar Wochen kannst du dann mit leichten Gewichten einsteigen und dich langsam steigern.

Sind Wandern und Rucking nicht das gleiche?

Ja und nein. Das Rucking als Trainingsmethode hat den Vorteil, dass du dich nach und nach steigern kannst. Bei einer Wanderung hast du die Option nicht immer, nur mit wenig Gepäck bzw. Gewicht unterwegs zu sein. Bestimmte Gegenstände wie Erste Hilfe Set, Trinken, Verpflegung und Kleidung müssen bei jeder Wanderung im Rucksack sein. Und je weiter weg von der Zivilisation du bist, desto schwerer wird dein Rucksack vermutlich sein.

Meiner Meinung nach ist Rucking die ideale Vorbereitung für längere und anspruchsvollere Wanderung. Und nicht nur körperlich, auch mental kannst du dich mit Rucking gut darauf vorbereiten, wie du mit schwierigen Phasen umgehst, wenn du deinen schweren Rucksack am liebsten einfach den Berg runterschubsen willst.

Was soll ich sonst noch beim Rucking beachten?

  • Vor allem bei schwerem Gewicht und technischem Gelände helfen dir Wanderstöcke
  • Rucking trainiert auch deine mentalen Fähigkeiten, anstrengende Einheiten durchzuziehen
  • Passe vor allem am Anfang dein Tempo an – lieber langsamer gehen als dich überfordern.
Frau bei einer Alpenüberquerung

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